Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 30.05.2017 – 2 Rev 35/17 –

Kein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort bei Verzicht des Unfallgeschädigten auf Herbeirufen der Polizei

Unfallbeteiligter will Personalien nur durch Polizei feststellen lassen

Verzichtet ein Unfallgeschädigter auf das Herbeirufen der Polizei, obwohl der Unfallbeteiligte nur gegenüber der Polizei bereit ist seine Personalien feststellen zu lassen, darf sich der Unfallbeteiligte vom Unfallort entfernen. Eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort liegt darin nicht. Dies hat das Oberlandesgericht Hamburg entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde eine Autofahrerin im September 2016 vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem wurde gegen sie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Hintergrund dessen war, dass die Angeklagte im Januar 2015 in einen Unfall mit verwickelt war. Obwohl die andere Pkw-Fahrerin zunächst die  Polizei rufen wollte, tat sie dies nicht. Sie fertigte stattdessen Fotos von den Fahrzeugen an und wollte die  Personalien der Angeklagten erfahren. Diese wollte die  Personalien aber nur durch die  Polizei feststellen lassen. Nachdem die Pkw-Fahrerin 15 Minuten nach dem Unfall immer noch nicht die  Polizei gerufen hatte, fuhr die Angeklagte weiter. Das Amtsgericht sah in diesem Verhalten ein  unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Die dagegen eingelegte Berufung der Angeklagten blieb vor dem Landgericht Hamburg erfolglos. Nunmehr ging die Angeklagte in Revision.

Keine Strafbarkeit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort

Das Oberlandesgericht Hamburg entschied zu Gunsten der Angeklagten und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Die Angeklagte habe sich nicht wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht. Zum einen belegen die  Feststellungen des Amtsgerichts schon keine Unfallbeteiligung der Angeklagten im Sinne von § 142 Abs. 5 StGB. Denn es habe festgestellt, dass der Unfall auf eine Unaufmerksamkeit der anderen Pkw-Fahrerin beruht habe. Zum anderen habe sich die Angeklagte vom Unfallort entfernen dürfen. Die Pkw-Fahrerin habe sich offensichtlich dazu entschlossen, auf die Hilfe der  Polizei bei der  Feststellung der  Personalien der Angeklagten zu verzichten, obwohl diese dazu nur gegenüber der  Polizei bereit war. In dieser Situation sei die Angeklagte nicht mehr zur weiteren Anwesenheit am Unfallort verpflichtet gewesen.