Kein Unfallversicherungsschutz bei Sturz auf Personaltoilette
Verrichtung der Notdurft ist grundsätzlich dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen
Bei einem Unfall im Zusammenhang mit der Verrichtung der Notdurft besteht für den Aufenthalt im Bereich der Toilettenanlage, wozu schon der Vorraum gehört, in dem sich die Waschbecken befinden, grundsätzlich kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz. Dies entschied das Sozialgericht Stuttgart.
Im entschiedenen Fall rutschte die Klägerin beim Aufsuchen der Personaltoiletten auf frisch gereinigtem, noch nassem Boden aus, wobei sie sich diverse Prellungen und eine Halswirbelsäulen-Distorsion zuzog. Dabei befand sie sich im Bereich der Schwelle zwischen dem Waschraum und dem Raum, in dem sich die WC-Kabinen befinden.
Unversicherter Bereich umfasst gesamten Aufenthalt in der Toilettenanlage
Das Sozialgericht Stuttgart entschied, dass die Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall zu Recht abgelehnt hat. Die Verrichtung der Notdurft ist nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen, wohingegen Unfälle auf Wegen zur Verrichtung der Notdurft im Betrieb als Arbeitsunfälle anzuerkennen sind. Der unversicherte Bereich umfasst dabei nicht nur das Verrichten der Notdurft selbst, sondern den gesamten Aufenthalt in der Toilettenanlage.
Nasser Boden im Toilettenbereich stellt keine besondere oder ungewöhnliche Gefahrenquelle dar
Nach Auffassung des Gerichts führte auch der nasse Boden im Bereich der Toilettenräume nicht zu einer ausnahmsweisen Bejahung des Versicherungsschutzes, weil es sich dabei nicht um eine besondere Gefahrenquelle im Sinne einer besonders gefahrenträchtigen Betriebseinrichtung gehandelt habe. Vielmehr sei in Toilettenräumen regelmäßig mit nassem Boden zu rechnen. Die Klägerin im vorliegenden Fall habe diese Gefahr zudem auch erkannt.
Keine gesonderte Beurteilung aufgrund Dienstunfallschutz von Beamten
Das Gericht konnte auch nicht feststellen, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen eine der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Dienstunfallschutz von Beamten entsprechende Beurteilung angezeigt sei, da sich der Dienstunfallschutz von Beamten nach anderen gesetzlichen Regelungen und Kriterien als der Unfallversicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung richte.
Haftung des Gastwirts
Wer haftet für einen Diebstahl im Hotel?
Wenn in einem Hotel etwas gestohlen wird, ist das für den Gast äußerst ärgerlich. Es stellt sich daher die Frage, wer für den Diebstahl haftet. Haftet der Hotelbetreiber oder der Gast selbst?
Wer haftet für einen Diebstahl im Hotel?
Grundsätzlich haftet der Hotelbetreiber für einen Diebstahl von Sachen seiner Gäste. Geregelt ist dies in § 701 Abs. 1 BGB. Danach hat ein Gastwirt, der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung aufnimmt, den Schaden zu ersetzen, der durch den Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung von Sachen entsteht, die ein im Betrieb dieses Gewerbes aufgenommener Gast eingebracht hat. Als eingebracht gelten Sachen, wenn sie in die Obhut des Hotelbetreibers oder seines Personals gelangt sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Hotelbetreiber Kenntnis von dem Einbringen hat oder dies seinem Willen entspricht. Unter welchen Voraussetzungen eine Sache in die Obhut des Hotelbetreibers gelangt ist, regelt § 701 Abs. 2 BGB. Danach gelten als eingebracht, Sachen:
- die der Gast während seiner Beherbergung in das Hotel bringt.Davon umfasst ist nicht nur das Hotelzimmer, sondern alle dem Betrieb des Hotels zugeordnete Gebäude und Anlagen, wie zum Beispiel: Garten, Schuppen, Garage, Gartenhäuser, Golfplatz, Schwimmbad, Tagungsräume. Es ist nicht erforderlich, dass der Hotelbetreiber oder der Gast selbst die Sachen in das Hotel bringt.
- die an einen von dem Hotelbetreiber oder dessen Personal angewiesenen oder hierzu allgemein bestimmten Ort außerhalb des Hotels gebracht werden.Dabei handelt es sich um einen Ort, der sich außerhalb der Beherbergung dienenden Gebäude befindet. Er muss weder auf dem Hotelgelände liegen, noch einen umschlossenen Raum darstellen (Bsp.: Abstellraum, Garage, Zwinger).
- die außerhalb des Hotels von dem Hotelbetreiber oder dessen Personal in Obhut genommen wurden.Die Übergabe muss nicht von dem Gast selbst vorgenommen werden. Unter die Alternative fällt etwa, das Abholen des Gepäcks vom Bahnhof oder das Herausnahmen des Gepäcks aus einem Auto.
- welche innerhalb einer angemessenen Frist vor oder nach der Zeit, in der der Gast zur Beherbergung aufgenommen war, von dem Hotelbetreiber oder dessen Personal in Obhut genommen wurden.Welche Zeit als angemessen gilt, bestimmt sich nach dem Einzelfall. Maßgebliche Umstände können die Dauer des Aufenthaltes oder die Aufbewahrungsmöglichkeiten des Hotels sein.
Der Hotelbetreiber ist gemäß § 702 Abs. 3 BGB verpflichtet, Geld, Wertpapiere, besonders wertvolle Wertsachen und andere Wertsachen zur Aufbewahrung zu übernehmen. Dies gilt nur dann nicht, wenn sie im Hinblick auf die Größe oder den Rang des Hotels von übermäßigem Wert oder Umfang oder wenn sie gefährlich sind. Der Hotelbetreiber kann verlangen, dass die Sachen in einem verschlossenen oder versiegelten Behältnis übergeben werden. Bei einer unberechtigten Ablehnung der Aufbewahrung haftet der Hotelbetreiber gemäß § 702 Abs. 2 BGB summenmäßig unbeschränkt.
Ist die Haftung des Hotelbetreibers für bestimmte Sache ausgeschlossen oder beschränkt?
Die Haftung des Hotelbetreibers nach § 701 BGB ist in bestimmten Fällen ausgeschlossen oder beschränkt. So besteht gemäß § 701 Abs. 4 BGB keine Haftung für den Verlust von Fahrzeugen, Sachen, die in oder auf einem Fahrzeug belassen worden sind, und lebenden Tieren.
Zudem beseht für den Hotelbetreiber gemäß § 701 Abs. 3 BGB dann keine Haftung, wenn der Verlust
- durch den Gast, einem Begleiter des Gastes oder einer Person, die der Gast bei sich aufgenommen hat, verursacht wurde.Auf ein Verschulden kommt es nicht an.
- durch höhere Gewalt verursacht wurde.Dies wird zum Beispiel angenommen, wenn der Diebstahl auf einen Raubüberfall zurückgeht. Ein solcher Vorfall stellt ein betriebsfremdes, nicht hotelbedingtes Ereignis dar, das nicht voraussehbar und abwendbar ist. Ein Raubüberfall ist selbst bei größerer Sorgfalt für einen Hotelbetreiber nicht abzuwenden. Jedoch gelten einfache Diebstähle als typisch für Herbergsbetriebe und stellen somit keine höhere Gewalt dar.
Schließlich besteht gemäß § 702 Abs. 1 BGB eine summenmäßige Haftungsbeschränkung. Der Hotelbetreiber haftet bis zu einem Betrag, der dem Hundertfachen des Nettopreises eines Zimmers für einen Tag entspricht. Zuschläge für Beköstigung, Service oder Trinkgeld bleiben außer Betracht. Die maximale Haftungssumme beträgt jedoch 3.500 Euro, die Mindesthaftungssumme beträgt 600 Euro. Sind von dem Diebstahl Geld, Wertpapiere oder besonders wertvolle Wertsachen betroffen, so verringert sich die maximale Haftungssumme auf 800 Euro.
Die summenmäßige Haftungsbeschränkung gilt nicht für folgende in § 702 Abs. 2 BGB geregelte Fälle:
- der Verlust beruht auf einem Verschulden des Hotelbetreibers oder dessen PersonalAls ein Verschulden kann etwa angesehen werden, wenn der Hotelbetreiber trotz früherer Diebstähle die Sicherungsvorkehrungen nicht überprüft. Es ist jedoch zu beachten, dass angesichts der allgemeinen Kenntnis zur Diebstahlsgefahr in Hotels der Gast eine besondere Vorsicht bei der Aufbewahrung seiner Sachen walten lassen muss. Gegebenenfalls hat er den Zimmersafe bzw. den Hotelsafe bei besonders wertvollen Gegenständen zu benutzen.
- Verlust einer eingebrachten Sache, die der Hotelbetreiber zur Aufbewahrung übernommen oder deren Übernahme zur Aufbewahrung er entgegen § 702 Abs. 3 BGB abgelehnt hatte
Muss der Gast Eigentümer der gestohlenen Sache sein?
Der Gast muss nicht Eigentümer der gestohlenen Sache sein. Daher steht ihm der Anspruch aus § 701 Abs. 1 BGB auch dann zu, wenn eine für ihn fremde Sache gestohlen wird. Es genügt, dass der Gast die Sache eingebracht hat.
Hat der Gast den Verlust der Sache dem Hotelbetreiber mitzuteilen?
Der Gast hat unverzüglich, nachdem er von dem Verlust der Sache Kenntnis erlangt hat, den Hotelbetreiber davon in Kenntnis zu setzen (§ 703 BGB). Eine Pflicht zur Anzeige besteht nur dann nicht, wenn die Sachen von dem Hotelbetreiber zur Aufbewahrung übernommen waren oder wenn der Verlust von ihm oder seinem Personal verschuldet wurde. Kommt der Gast seiner Anzeigepflicht nicht nach, steht ihm der Anspruch aus § 701 Abs. 1 BGB nicht zu.
Quelle: refrago/rb
Bearbeitungsstand: 03.08.2018
Die Dashcam im deutschen Recht – was ist erlaubt, was verboten, und nutzt die Dashcam als Beweismittel?
Dashcam-Nutzung in rechtlicher Grauzone
Während sie sich in anderen Ländern schon länger im Verkehrsalltag etabliert haben, werden sie in Deutschland noch zurückhaltend genutzt: Dashcams – im Auto installierte Kameras, mit denen das Verkehrsgeschehen aufgenommen und die Bilder gespeichert werden. Dass sie sich hierzulande bislang nicht durchsetzen konnten, liegt auch an der nach wie vor unklaren Rechtslage in Deutschland.
Dashcam-Videos sind vor allem aus Russland bekannt, wo sie nicht nur zur Beweissicherung bei Unfällen aufgenommen wurden, sondern auch, um spannende Videos bei Youtube und anderen Plattformen hochzuladen. Dass unter anderem aufgrund des strengeren Datenschutzes hierzulande die Veröffentlichung von Dashcam-Aufnahmen auf eine gewisse Skepsis stößt, dürfte jedem klar sein. Aber ist deshalb der Einsatz von Dashcams in Deutschland per se verboten? Oder lässt sich klar sagen, was verboten und was erlaubt ist?
Verboten: Dashcam-Dauerbetrieb
Klar verboten ist der anlasslose, präventive Dauerbetrieb einer im Auto installierten Dashcam, um mit ihr das gesamte Verkehrsgeschehen aufzunehmen einschließlich der übrigen am Verkehr teilnehmenden Personen. Solche Aufnahmen sind gem. § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Zur Aufnahme der betroffenen Personen bedarf es deren Einwilligung.
Aber: Zulässigkeit unerlaubter Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel
Jetzt das große Aber: Auch wenn es sich um klar unzulässige, da im Rahmen einer Daueraufnahme und damit unter Verstoß gegen das Datenschutzrecht angefertigte Dashcam-Aufnahmen handelt, können diese möglicherweise als Beweismittel in einem Gerichtsverfahren verwertbar sein und damit dem illegal Aufnehmenden einen rechtlichen Vorteil verschaffen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 15.05.2018 (Az. VI ZR 233/17) in einem Fall entschieden, in dem es um die Verwertung von Dashcam-Aufnahmen in einem Unfallhaftpflichtprozess ging.
Rechtswidrigkeit der Beweiserhebung führt nicht ohne weiteres zu Beweisverwertungsverbot
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die vorgelegte Videoaufzeichnung als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar sei. Dabei rekurriert der BGH auf eine frühere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.11.2010 (Az. 2 BvR 2101/09), wonach die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung im Zivilprozess nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Über die Frage der Verwertbarkeit, so der BGH, ist vielmehr im Rahmen einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden.
Interessenabwägung im Einzelfall entscheidet über Verwertbarkeit verbotener Dashcam-Aunahmen als Beweismittel
Um zu entscheiden, ob die Dashcam-Aufnahmen im Gerichtsverfahren verwertet werden dürfen, ist also das Interesse desjenigen, der die Aufnahmen im Prozess nutzen will, an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, mit dem Interesse des auf den Aufnahmen abgebildeten Beweisgegners an seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und seinem Recht am eigenen Bild abzuwägen.
In dem zu entscheidenden Fall konstatierte der BGH, dass sich der Unfall immerhin im öffentlichen Straßenraum ereignet habe, in den sich der Beklagte freiwillig begeben habe. Durch seine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr habe er sich selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Es seien nur Vorgänge im öffentlichen Raum aufgezeichnet worden, die ohnehin grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar seien. Auch sei die häufig besondere Beweisnot bei Verkehrsunfällen, die sich aus der Schnelligkeit des Verkehrsgeschehens ergibt, zu berücksichtigen.
Persönlichkeitsrechte mitgefilmter Verkehrsteilnehmer sind nicht zu berücksichtigen
Der Bundesgerichtshof stellte auch klar, dass selbst der mögliche Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer eventuell mitgefilmter Verkehrsteilnehmer nicht zu einer anderen Gewichtung führe. Denn diese Interessen werden vornehmlich bereits durch das Datenschutzrecht geschützt, das gerade nicht auf ein Beweisverwertungsverbot abzielt, sondern den Aufsichtsbehörden Eingriffsmöglichkeiten wie Geldbußen und Maßnahmen zur Beseitigung von Datenschutzverstößen einräumt.
Fazit: Illegale Dashcam-Aufnahmen sind zweischneidiges Schwert
Die Enscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.05.2018 ist also ambivalent und keinesfalls ein Freifahrtschein für die Anfertigung illegaler Dashcam-Aufnahmen. Dabei ist zu betonen, dass es in dem entschiedenen Fall um eine eindeutig illegale Aufzeichnung ging, da die Dashcam das Verkehrsgeschehen ohne konkreten Anlass aufnahm.
Auf der einen Seite stellte das Gericht klar, dass eine solche permanente und anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz darstelle und damit rechtswidrig sei. Dennoch könne eine solche Dashcam-Aufzeichnung unter Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen im Einzelfall als Beweismittel im Unfallhaftungsprozess zulässig sein.
Gleichwohl bedeutet dies nach Auffassung des Gerichts keinen Freibrief für den illegal Aufzeichnenden. Denn dieser kann von der zuständigen Aufsichtsbehörde unabhängig von der Verwertbarkeit der Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess weiterhin für seinen Datenschutzverstoß nach den Vorschriften des Datenschutzrechts belangt werden – etwa in Form eines Bußgelds oder von aufzuerlegenden Maßnahmen zur Beseitigung des Datenschutzverstoßes.
Dashcam-Einsatz nach wie vor oftmals im rechtlichen Graubereich
Auch wenn die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen immer noch vom Einzelfall und der jeweils konkret vorzunehmenden Interssenabwägung abhängt: Die Entscheidung des BGH vom 15.05.2018 hat ein Stück Rechtssicherheit in die bislang sich eher im rechtlichen Graubereich bewegende Debatte um den Einsatz von Dashcams im Straßenverkehr gebracht.
Weitere Urteile pro Dashcam
Die bekanntesten Urteile, die sich für eine Zulässigkeit der Dashcam ins Feld führen lassen, sind folgende drei Entscheidungen:
- Amtsgericht München, Urteil vom 06.06.2013, Az. 343 C 4445/13
- Amtsgericht Nienburg, Urteil vom 20.01.2015, Az. 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14)
- Landgericht Landshut, Hinweisbeschluss vom 01.12.2015, Az. 12 S 2603/15
- Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2016, Az. 4 Ss 543/15